Blickwechsel – Weiß und Schwarz, Ghana und Deutschland
Blickwechsel : Weiß und Schwarz, Ghana – Deutschland ….
Die Veranstaltungsreihe „Gemeinde am Mittwoch“ war im September 2007 dem Thema „Ghana“ gewidmet. Am 5. September sahen wir den sehr beeindruckenden Film „Sankofa“, der in einer Burg an der Küste Ghanas beginnt. In ihren dunkeln Verließen wurden einst Menschen gefangen gehalten, bevor sie als Sklaven und Sklavinnen nach Amerika verschifft wurden. Eine Gruppe Touristen lässt sich die Burg zeigen, eine junge Afroamerikanerin, die als leichtlebiges Photomodell dargestellt wird, bleibt zurück, spürt allmählich geradezu körperlich, wie die Angst, die Gewalt und das Unrecht, die in diesen Räumen einmal geherrscht haben, sie bedrängen – und findet sich wenig später als Haussklavin auf einer Zuckerrohrplantage wieder.
Wir sehen durch ihre Augen die Brutalität der weißen Farmer, die Leidensfähigkeit der Schwarzen und die Rolle der Frauen, die trotz allem Kinder zur Welt zu bringen und Geschichten erzählen, mit denen sie die Erinnerung, den Widerstandswillen und die Hoffnung auf Freiheit wach halten. Wir sehen auch, wie das Sklavenhaltersystem funktioniert, in dem die Weißen einige, die „Haussklaven“, privileieren und ihnen drohen, sie bei dem geringsten Widerstand wieder zu Feldsklaven zu machen, und andere als Aufseher („Kapos“?) kooptieren und sie zwingen, ihre Mitsklaven zu schlagen zu verraten, und wie die – in diesem Fall katholische – Kirche dieses System stützt. Und wir erleben, wie die Frau durch die Geschichten der Frauen und in geheimen Zusammenkünften lernt, sich zu solidarisieren, und ein Bewusstsein für ihre kulturelle Herkunft und den Wunsch nach Freiheit gewinnt. Am Schluss wird sie von dem mythischen Vogel Sankofa wieder an die Küste Ghanas und in die Gegenwart getragen. Wir vermuten, dass sie kaum wieder als Photomodell arbeiten wird.
Zwei Wochen später trafen wir uns zu einem Gesprächsabend mit einigen Mitgliedern der ghanaischen Gemeinde Rhein-Main, die ihre Gottesdienste in der Gemeinde Cantate Domino feiert. Die Frankfurter Gemeinden unterhalten seit ziemlich genau zwanzig Jahren eine Partnerschaft mit der Presbyterianischen Kirche von Ghana (PCG), speziell mit einem Distrikt in dem wirtschaftlich unterentwickelten Norden Ghanas. Pfarrer Will, der als Dekanatsbeauftragter für Ökumene für die GhanaPartnerschaft zuständig ist, hatte den Abend zusammen mit Pfarrerin Schoen vorbereitet.
Zu Beginn sahen wir einen Film, den Antje Schrupp über die Anfänge der Frankfurter Ghana-Partnerschaft gedreht hat. Wir erleben die Partnergemeinden beim Gottesdienst in ihren einfachen Kirchen, hören Gemeindeleiter und Vorsitzende von Distrikten über ihre oft mühsame Arbeit und ihre Sicht einer wechselseitigen Partnerschaft sprechen – Geld ist wichtig, aber es ist vor allem der spirituelle Austausch, der zählt – und erleben den Schulunterricht – das Lernen der Englischen Sprache ist entscheidend für die berufliche Zukunft der Jugendlichen. Und wir hören Ghanaer zu Besuch in Frankfurt über ihre Erfahrungen in Europa reden.
In dem anschließenden Gespräch erfahren wir, dass die presbyterianische Kirche sich, wie alle aus der Mission hervorgegangenen Kirchen, erst allmählich für die eigenen Lieder, Tänze und Musikinstrumente geöffnet hat. Obwohl es vor allem die charismatischen Gemeinden sind, die in Ghana wie überall in Afrika stark wachsen, wenden sich inzwischen aber zunehmend auch junge Menschen den evangelischen Kirchen zu und finden dort eine Heimat, die sie nicht von ihrer Kultur entfremdet.
Ein großes Anliegen ist der Schulunterricht, die Kirchen mühen sich sehr um den Bau von öffentlichen Grundschulen gerade in den ärmeren Bezirken. Hier kann die Ghana-Partnerschaft finanzielle Unterstützung leisten. Zentrum des Gottesdienstes ist die Bibel. Meist treffen sich die Gläubigen vor dem eigentlichen Gottesdienst zu einer Bibelstunde. In den biblischen Geschichten finden die ghanaischen Christen Antworten auf ihre Fragen nach der christlichen Lebensgestaltung in einem sich entwickelnden afrikanischen Land.
Hildburg Wegener