Impulse

Angedacht

Manchmal sagt ein Bild mehr als viele Worte.

Seit längerem feiern wir sonntags per Zoom Jugendgottesdienste. Als ich den Gottesdienst für den 27. Februar vorbereitete, suchte ich nach Worten, Bildern, nach einer Möglichkeit, die Sprachlosigkeit zu überwinden. In dieser Woche, in der uns der zweiten Jahrestag der Attentate von Hanau noch so nah ist, sind wir schockiert über den Krieg in der Ukraine. Ich war ratlos und suchte im Internet einfach drauflos. Dort fand ich folgenden Psalmvers: „Suche Frieden und jage ihm nach“ (Psalm 34,15). Es ist die Jahreslosung 2019. Da blieb ich hängen und suchte nach Bildern.

Jedes Jahr werden die Jahreslosungen mit Bildgestaltungen ausgelegt. Diese verschiedensten Bildauslegungen haben im Zoom-Jugendgottesdienst schon häufig unsere Gespräche inspiriert. Trotz der Tatsache, dass wir nur über eine „Kachel“ verbunden sind, ermöglichen uns die Bilder einen uns stärkenden Austausch. Und auch für diejenigen, die nicht teilnehmen, ist dies eine Chance, von den Bildern inspiriert und gestärkt zu werden. Auf diese Weise habe ich das Titelbild für unseren Gemeindebrief gefunden.

Die Weltkarte auf zwei Händen

Selten habe ich die Verbundenheit des Einzelnen mit der ganzen Welt so eindrücklich verbildlicht gesehen wie hier. Glück und Leben kann eine Einzelne nicht erlangen. Jeder ist Teil dieser Welt und kann nicht gegen andere oder auf deren Kosten leben. Wenn ich jetzt meine Hände ansehe, sehe ich gleichzeitig die Weltkarte. Meine Sehnsucht nach einer Welt voll Frieden findet hier Ausdruck. Krieg, Gewalt und Unrecht sollen nicht das letzte Bild behalten. Die Verantwortung für Frieden liegt auch in meinen Händen. So redet das Psalmwort auch jeden Einzelnen an.

Friedenstauben

Sie machen deutlich, was die Welt braucht um überleben zu können, um sich nicht selbst zu zerstören. Die Taube ist zugleich Symbol für den Heiligen Geist, die Kraft, die wir unbedingt brauchen, um über das Naheliegende hinaus sehen zu können.

Beten wir mit dem Psalmbeter:

Wer sind die Menschen, die Lust am Leben haben,
die die Tage lieben, um Gutes zu sehen?
Bewahre deine Zunge vor Bösem,
deine Lippen vor falschen Worten.
Weiche dem Bösen aus und handle gut,
suche Frieden und gehe ihm nach.
Die Augen der Ewigen ruhen auf den Gerechten,
ihre Ohren hören auf ihren Hilfeschrei.
Das Angesicht der Ewigen blickt auf die, die Böses tun,
um deren Gedenken von der Erde zu tilgen.
Als sie schrien, hörte die Ewige
und rettete sie aus all ihren Bedrängnissen.
Nahe ist die Ewige denen, deren Herz gebrochen ist,
deren Lebensmut zerschlagen ist, die befreit sie.

Psalm 34, 13-19 (Bibel in gerechter Sprache)

Gesegnete Zeit inmitten von allem schenke Gott!

Pfarrerin Gisela Egler-Köksal


Liebe GemeindebriefleserInnen,

Prophetenworte aus Jeremia 29:

Ich allein weiß, was ich mit euch vorhabe, – so Gottes Spruch – Pläne des Friedens und nicht des Unglücks;

ich will euch Zukunft und Hoffnung geben.

hat das Internationale Weltgebetstagskommitee für dieses Jahr ausgewählt – in dieser Zeit der Pandemie, in der so viele Menschen mit Verunsicherung und Angst über die Runden kommen und in die Zukunft blicken.

Wen spricht Gott direkt an?

Gott spricht diejenigen an, die nach Babel verschleppt wurden, die dort zum Teil schon eine Generation lebten und nimmt ihre Lebenssituation ernst. Jerusalem war weit weg, Perspektiven zur Rückkehr gab es für sie nicht. Gott gibt ihnen Mut, durchbricht die Aussichtslosigkeit und spricht zu ihnen:

Baut Häuser und wohnt darin! Pflanzt Gärten und verzehrt ihren Ertrag. Heiratet und bekommt Söhne und Töchter. Verheiratet eure Söhne und Töchter, so dass auch sie Söhne und Töchter bekommen.
Vermehrt euch dort, werdet nicht weniger. Seid um das Wohl der Stadt, in die ich euch verbannt habe, besorgt. Betet um ihretwillen zu Gott, denn in ihrem Wohl liegt auch euer Wohl.

Jeremia 29,5-7

Und heute, wem gilt dieses Wort?

Denjenigen, die fern von dem Land, der Stadt, aus der sie  gekommen oder geflohen sind – und die jetzt hier leben.

Ihnen wird Hoffnungsvolles zugesagt, denn Gott verspricht ihnen Frieden und Glück – hier. Dieses Wort gilt vielen von uns, die in unserer Gemeinde und unserem Ökumenischen Zentrum Christuskirche Heimat gefunden haben.

Welche Zukunft wir erhoffen und was uns erwartet: Wir legen unsere Wünsche und Hoffnungen in Gottes Hände.

Gott, bitte lass uns für die Zukunft unserer Stadt und Hoffnung für unser Leben beten!

In diesem Sinne grüßt Sie und Euch

Pfarrerin Gisela Egler-Köksal


Gemeinsam Richtung Weihnachten

Liebe Leserin, lieber Leser des Gemeindebriefes,

das Faszinierende an der Tradition und den Themen der Adventssonntage, wie sie uns in der deutschsprachigen evangelischen Kirche vermittelt wird, ist, dass wir eine Sprache der Hoffnung geschenkt bekommen, die uns die Zukunft weiter sehen lässt als bis zum nächsten Lockdown.

Die Wochensprüche und Lesungen der Adventssonntage zeigen, dass der Advent Erinnerung und Erwartung ist: wir erinnern uns an die Geburt Jesu Christi und erwarten sie zugleich. Wir blicken auf das Ende der Welt und die Wiederkunft Christi. Wir werden von Johannes dem Täufer zur Umkehr aufgerufen und hören Marias Lied der Befreiung (Lukas 1,46-55).

Zu den Sorgen um die Probleme der Welt – Klimakrise, Ausbeutung der Erde, Unrecht, das Menschen angetan wird – kommen Hoffnungsgeschichten.

Wir warten auf die Rettung der Welt! Die biblischen Bilder, die dieses Warten und Sehnen beschreiben, stammen dabei aus der ganzen Bibel, der hebräischen Bibel, unserem Alten Testament und dem Neuen Testament. Diese Rettung ist allumfassend. Sie befreit von Zerstörung, Untergang und Tod. Sie gilt Frauen und Männern, Jung und Alt: der ganzen Welt. Friede auf Erden!

Wir geben damit den Sorgen nicht die Allmacht. Wir blicken darüber hinaus und von dort wieder auf unseren Alltag und auf unsere Feiertage.

Im Advent bereiten wir uns auf die Ankunft (lateinisch »adventus«) von Jesu Christi vor. Jeder Adventssonntag hat dabei seinen eigenen Schwerpunkt, seinen eigenen Geschmack. Im Folgenden lesen Sie die Wochensprüche, Evangeliumslesungen und Lieder der einzelnen Sonntage. Vielleicht finden Sie ja im Advent Zeit und Ruhe die Botschaft der Adventssonntage auf sich wirken zu lassen, vielleicht finden Sie Menschen, mit denen Sie sich austauschen können.

Die Welt kehrt sich um, wenn Gott kommt, wenn er wirklich kommt in unsere Welt, in unser Leben. Dann werden die Wüsten der Einsamkeit fruchtbar für ein neues Miteinander. Dann wächst in der Steppe unserer trockenen Herzen Liebe. Dann heben sich die Täler unserer Verzweiflung in Zuversicht und die Berge unserer Angst lösen sich auf in Freude und Dankbarkeit. So muss es sein, wenn Gott kommt!

Weihnachten fängt erst an Heiligabend an. Wer sich im Advent auf die Themen der Adventszeit besinnt, wer sich das Weihnachten-Feiern für die Feiertage bewahrt, der wird mit einer zwölftägigen Weihnachtszeit beschenkt:

Denn Weihnachten beginnt am Abend vor dem 25. Dezember und dauert bis zum 6. Januar.

1. Advent

„Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“, Sacharja 9,9a
Jesu Einzug in Jerusalem, Matthäus 21,1-11
Lied: Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, Evangelisches Gesangbuch (EG) 1

2. Advent

„Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“, Lukas 21,28b
Das Kommen des Menschensohnes, Lukas 21,25-33
Lied: O Heiland, reiß die Himmel auf, EG 7

3. Advent

„Bereitet dem HERRN den Weg; denn siehe, der HERR kommt gewaltig.“, Jesaja 40,3.10
Der Lobgesang des Zacharias, Lukas 1, 67-78
Lied: Wie soll ich dich empfangen, EG 11

4. Advent

„Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet euch! Der Herr ist nahe!“, Philipper 4,4.5b
Die Ankündigung der Geburt Jesu – der Lobgesang der Maria, Lukas 1, 26-56
Lied: Hoch hebt den Herrn mein Herz und meine Seele, EG 309

Eine erwartungsvolle Adventszeit, ein wundervolles Weihnachten und ein segensreiches Jahr 2021 wünscht Euch und Ihnen

Gisela Egler-Köksal


Das Leben als Sonntagsmenschen

Es ist immer wieder gut sich daran zu erinnern:
Der Sonntag ist der erste Tag der Woche.

Unsere Woche beginnt nicht mit dem Montag, einem Arbeitstag, sondern mit dem Sonntag. Jeden Sonntag, seitdem es Christinnen und Christen auf der Erde gibt, feiern wir die Auferstehung, denn Jesus ist am ersten Tag der Woche auferstanden von den Toten. Deshalb feierten die ersten Christinnen und Christen ihre Gottesdienste am Sonntag, dem Beginn der Woche. Und Sabbat, der Ruhetag, den der Schöpfer seiner Schöpfung schenkte? Der Sabbat, der Samstag, ist der siebte Tag. An dem schuf Gott die Ruhe. Für Jüdinnen und Juden ist er bis heute der Ruhetag.

Aber wie wäre das, wenn die Auferstehung die ganze Woche durchzöge? Wenn er das Vorzeichen ist, das die Melodie und den Takt für die ganze Woche angibt? Wie wäre das, als Sonntagsmenschen zu leben – sowohl als Einzelne und als auch in der Gemeinschaft? Was würde das mit uns machen? Was würde uns dabei helfen?

Es beginnt damit, dass wir uns die Botschaft der Auferstehung vergegenwärtigen. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Die Botschaft der Auferstehung zaubert nicht alle Furcht, alles Sterben und alle Nöte weg. Im Gegenteil – sie breitet sich mitten darin und durch all dies hindurch aus und tröstet. Sie eröffnet immer wieder neue Lebensperspektiven, überlässt dem Tod nicht die Macht. Gottes Ziel mit uns ist das Leben. Und die Zukunft wird dem Leben gehören. Das feiern wir jeden Sonntag!

Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.

Matthäus 18,12

Ein Baustein, als Sonntagsmenschen zu leben, ist die Gemeinschaft. Die Selbstverständlichkeit, mit anderen Menschen zusammen zu sein, hat in der Corona-Zeit sehr gelitten. Das haben wir auch in unseren Gottesdiensten gespürt.

Von Gemeindemitgliedern habe ich gehört, dass sie aus Sorge, sich anzustecken oder angesteckt zu werden, nicht zum Gottesdienst kommen. Ich hörte auch, dass Ihnen die Gemeinschaft im Gottesdienst fehlt. Telefonate und Einzelbesuche haben hier zwar geholfen und sind auch in Zukunft wichtige Elemente. Doch es braucht vor allem die Gemeinschaft am Sonntag vor Ort.

Sich in seinem Namen zu versammeln, im Namen des Auferstandenen, das ist die Grundlage. Sich versammeln zum Gebet, zur Verkündigung des Evangeliums und zur Feier des Abendmahles, das gibt seinem Namen Raum. Und ist die Zusage nicht wundervoll, dass er dann mitten unter uns ist?

Wenn wir bei unserer Gemeindeversammlung im November überlegen, wie unsere sonntäglichen Feiern in unserer Kapelle aussehen könnten, dann tun wir dies als Sonntagsmenschen.

Der Sonntagsgottesdienst, so wie wir ihn seit Jahren in unserer Gemeinde feiern, ist dabei eine mögliche Form. Aber gibt es nicht noch andere Formen, wie wir uns  in seinem Namen versammeln können?

Ich freue mich auf den Austausch mit Ihnen und Euch. Wer am 7. November nicht zur Gemeindeversammlung kommen kann, kann gerne telefonisch oder schriftlich mit mir Kontakt aufnehmen und seine Gedanken und Ideen teilen. Diese werden dann auch in der Gemeindeversammlung Raum finden.

Von Sonntagsmensch zu Sonntagsmensch grüßt Sie und Euch

Gisela Egler-Köksal


Damit Ströme lebendigen Wassers fließen

Am 26. September 2021 feierten wir mit der serbisch-orthodoxen Gemeinde und der Evangelischen Oromo-Gemeinde unseren gemeinsamen Gottesdienst. Jugendliche und junge Leute aus dem Gemeinden haben ihn mitgestaltet in Gesang, Gebeten und einer Auslegung zu Johannes 7, 37-39, den Text, der von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen als Predigttext für den Gottesdienst zum Tag der Schöpfung vorgeschlagen wurde. Wir haben diesen Bibeltext im KonfirmandInnenunterricht sowie im Kinder– und Jugendgottesdienst besprochen. Eine kleine Gruppe hat die weitere Vorbereitung übernommen und im Gottesdienst diese Gedankengeteilt. Lesen Sie nun die Gedanken der Jugendlichen in Auszügen.

Einen gesegneten Oktober wünscht Ihnen Ihre
Gisela Egler-Köksal

37       Am letzten Tag, dem Höhepunkt des Festes,
trat Jesus vor die Menschenmenge und rief laut:
„Wer Durst hat, soll zu mir kommen. Und er soll trinken,

38       wer an mich glaubt.
So sagt es die Heilige Schrift:
‚Ströme von lebendigem Wasser werden aus seinem Inneren fließen. ‘“

39       Jesus bezog dies auf den Heiligen Geist.
Den sollten die erhalten,
die zum Glauben an ihn gekommen waren.
Denn der Heilige Geist war noch nicht gekommen,
weil Jesus noch nicht in seiner Herrlichkeit sichtbar war.

Johannes 7, 37-39

Jesus besucht den Tempel in Jerusalem. Dort wird gerade das jüdische Laubhüttenfest gefeiert. Man kann es vermutlich am besten mit unserem Erntedankfest vergleichen. Die Menschen danken Gott für die Ernte und beten um Regen.

Außerdem gedenken die Juden bei diesem sieben Tage dauernden Fest der 40-jährigen Wanderung durch die Wüste, die sie nach dem Auszug aus Ägypten ins Gelobte Land führte.

Was war das Auffälligste an dieser Wüstenwanderung? Gott gab den Menschen jeden Tag genug zu essen. Aber es konnte für die nächsten Tage nichts aufbewahrt werden. Sammelten die Menschen mehr Mannah, als sie essen konnten, war es am nächsten Tag schlecht.

Etwas ähnliches erleben wir auch heute mit vielen Lebensmitteln. Es wird zu viel produziert und dann weggeworfen.

Würde jeweils nur so viel produziert, wie tatsächlich gebraucht wird und würde das vorhandene gerecht unter den Menschen verteilt, wäre genug für alle da und nichts würde verschwendet.

So werden wir dazu aufgefordert, dass jede Generation die Erde nur so nutzen soll, dass sie die Lebensmöglichkeiten für die nächste Generation erhält und möglichst ausbaut aber nicht über Gebühr ausnutzt. Für uns ist das die Aufforderung, Gott für seine Schöpfung zu danken und uns Gedanken über unsere Rolle in seiner Schöpfung zu machen.

Bei einer Wanderung durch die Wüste ist natürlich auch Wasser eine wichtige Ressource und deshalb stand beim diesjährigen Ökumenischen Tag der Schöpfung das Thema „Wasser“ im Mittelpunkt.

Wasser ist sehr bedeutsam für das Leben, für die Natur und für uns. Unser Körper besteht zu über zwei Dritteln aus Wasser. Ohne Wasser gibt es kein Leben – es ist lebensspendend und Wassermangel ist eine der schlimmsten Gefahren aktuell. Um Wasser wird weltweit gekämpft. Ohne Wasser kann ein Mensch nur wenige Tage überleben. Und täglich sterben viele Menschen, weil sie keinen Zugang zu frischem Wasser haben.

Aber Wasser hat auch zerstörerische Kraft. Das mussten wir in diesem Jahr an vielen Orten der Welt erleben. Auch hier in Deutschland haben viele Menschen bei Unwettern ihr Zuhause verloren.

Die Wüste oder trockene Erde kann sich nicht vornehmen, genug Wasser zu haben. Und sie kann nicht von sich aus blühen.

Sie kann das Wasser, wenn es dann kommt, nur für eine kleine Weile aufheben und bewahren. Immer wieder muss sie warten: auf das Wasser von oben, dass sie zum Blühen bringt. Sie muss nichts weiter tun, als sich für diesen Moment bereitzuhalten.

Und das ist es auch, was Jesus uns zumutet aber auch zutraut:

Oft fühlen wir uns leblos, wie ausgetrocknet, ohne Energie, Kraft und Möglichkeiten zu handeln. Aber Jesus verheißt uns Ströme lebendigen Wassers, die uns mit Energie, Kraft und Lust zum Handeln füllen.

Dieses lebendige Wasser, dass Jesus uns verheißt und das diesen Durst der Menschen stillt, ist der Heilige Geist.

Der Mensch muss sich für den Moment bereithalten, an dem ihn der Geist erfüllen möchte. Das ist manchmal ganz schön schwer. Aber es lohnt sich, denn wenn es geschieht, dann wird es sein, als ströme lebendiges Wasser von seinem Leib, genug für den Menschen selbst und genug für die Menschen um ihn herum.

Margee Abdi, Francis Ceesay, Iris Köksal


Miteinander sprechen, zuhören, fragen, streiten und beten

Gedanken zu der Geschichte von Kain und Abel (1. Mose 4,1-16)

Eva, die Mutter, freute sich über Kains Geburt . Über die Geburt von Abel wird nicht mit Freude berichtet.

Kain ergreift den Beruf des Landwirts, und Abel wird Viehzüchter. Sie gehen verschiedene Wege – so wie wir auch. Wir haben verschiedene Lebensentwürfe, mögen verschiedene Musik, denken verschieden, lieben verschieden…
Wir haben soviel mit Worten auszutauschen: Wie siehst Du das? Wie verstehst Du das? Wovon träumst Du? Was würdest Du heute anders machen? Interessieren Dich auch meine Antworten?

Die Brüder Abel und Kain ehren Gott und opfern, was sie haben. Kain opfert Früchte des Feldes, Abel ein Tier. Aber Gott sieht nur Abel und sein Opfer gnädig an. Doch Kain und sein Opfer schaute er nicht wohlwollend an. (Vers 5)

Kain und Abel reden nicht miteinander. Dabei gäbe es jetzt so vieles zu fragen: „Warum du und nicht ich? Wie verstehst du das?“
Kain redet auch nicht mit Gott. Dabei wäre das doch das Naheliegendste: „Warum, mein Gott, siehst du mein Opfer nicht? Ein spannungsvolles Schweigen ist gefährlich, bereitet dem Unheil den Weg.

Kain hätte mit Gott streiten können. Ein gewaltiger Zorn staut sich in Kain an.

Nun ergreift Gott das Wort und spricht Kain an: Ist es nicht so: ‚Wenn du Gutes planst, kannst du den Blick frei erheben. Hast du jedoch nichts Gutes im Sinn, dann lauert die Sünde an der Tür. Sie lockt dich, aber du darfst ihr nicht nachgeben.‘ (Vers 7-8)
Kain antwortet Gott nicht. Später geht er mit Abel schweigend auf das Feld.
Aus seinem wortlosen Zorn entsteht die furchtbare Tat. Kain erhebt sich gegen Abel und schlägt ihn tot. Er wird zum Mörder seines Bruders.

Da ergreift Gott ein zweites Mal das Wort: „Wo ist dein Bruder Abel?“
‚Das weiß ich nicht.‘, sagt Kain, ‚Bin ich dazu da, auf meinen Bruder achtzugeben?‘ (Vers 9)
Kain weicht aus und antwortet stattdessen mit einer Gegenfrage.
„Wo ist dein Bruder, was hast Du getan?“ Gottes Stimme hallt über unseren Planeten.

Das Blut von Abel liegt in der Erde. Er lebt nicht mehr. Kain muss das Land nicht mehr mit ihm teilen. Das Blut seines Bruders hat aber die Erde erschöpft. Sie gibt ihren Ertrag nicht mehr her.
Kain erkennt, dass alles zusammenhängt. Der Brudermord hängt mit der Ernte zusammen. Unser Umgang weltweit miteinander als Schwestern und Brüder und mit der Natur.

Endlich spricht Kain und erkennt die Schwere seiner Tat: ‚Die Strafe ist zu schwer‘, sagt er, ‚ich kann sie nicht tragen.‘ (Vers 13)

Er zieht Konsequenzen aus seiner Tat: ‚Die Strafe ist zu schwer für mich. Du verjagst mich jetzt vom Ackerland und verbannst mich aus deiner Gegenwart. Als heimatloser Flüchtling muss ich von Ort zu Ort ziehen. Jeder, dem ich begegne, kann mich erschlagen.‘ (Vers 13-14)

Gott antwortet und zerbricht damit das Rad der Gewalt: ‚Das soll nicht geschehen! Wer Kain tötet, an dem soll es siebenfach gerächt werden.‘ Der Herr machte ein Zeichen an Kain. Niemand, der ihm begegnete, durfte ihn töten. (Vers 15)

Das Abel und Kain nicht miteinander und mit Gott geredet haben, führt zu Gewalt, Mord und zur Zerstörung der Schöpfung. Mit dem Kainszeichen durchbricht Gott diesen Kreislauf.

Die Geschichte von Kain und Abel ist unser aller Geschichte. Mit Gott und miteinander zu reden, zuzuhören, zu fragen, zu streiten über das, was uns wichtig ist, was uns verbindet und was uns trennt, ist lebenswichtig für uns Menschen als Teil der Schöpfung Gottes.

Und nicht zu vergessen das Beten:
Gott, du hast Wasser des Lebens.
Gib mir davon zu trinken,
damit die Wüsten in mir grün werden.
Gib mir davon zu trinken,
damit das Harte in mir weich wird,
damit Liebe wachsen kann,
die Hoffnung nie versiegt,
der Glaube nicht austrocknet. (…)
Gib du mir das Wasser des Lebens. Amen

Gisela Egler-Köksal

Dieses Gebet ist aus dem Gottesdienstheft für den Tag der Schöpfung 2021 der Arbeits-gemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland:
https://www.oekumene-ack.de/fileadmin/user_upload/schoepfungstag/Bodensee_2021/ACK_GoDiHeft_2021_RZ_Screen_K.pdf


Lass dich nicht vom Bösen überwinden,
sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Römer 12, 21

Ich habe diesen Vers aus Römer 12, 21 als meinen Konfirmationsspruch gewählt, da er unglaublich ausdrucksstark und aufbauend ist. Sich nicht vom Bösen überwinden zu lassen, sondern mit Gutem entgegenzutreten hört sich leichter an, als es tatsächlich ist. In vielen menschlichen Beziehungen herrscht Hass und Ungerechtigkeit. Jede Spur von Liebe fehlt. Das Böse nimmt überhand und will uns erniedrigen. Da neigen wir oft dazu, unseren Mitmenschen ebenfalls mit Bösem zu begegnen, und denken, wir haben richtig gehandelt. Im Gegenteil! Der Vers lehrt uns positiv und standhaft zu bleiben, obwohl uns nicht auf diese Art und Weise entgegengetreten wird. Besonders wichtig ist es, sich selbst nicht zu verlieren und optimistisch zu bleiben, wobei der Glaube uns unglaublich hilft und uns aufbaut.

Auf der Abbildung sehen wir ein freundliches Männchen, das einer Kanone gegenübersteht. Normalerweise ist das Männchen durch die Kanone gefährdet, doch es hält mit einem Lächeln eine Gießkanne in der Hand, mit der es eine Blume gießt, die aus der Kanone herauswächst. Das Böse wird hier durch die Kanone dargestellt. Mit Hilfe des Männchens ändert sich die Rolle der Kanone, denn nun wächst eine Blume heraus, die gegossen wird und das Gute repräsentiert.

In Bezug auf unser Leben können wir mitnehmen, dass wir in der Lage sind, das Böse zu stoppen, indem wir ihm was Gutes tun. So kann es unfassbar hilfreich sein, wenn wir unseren Feinden beistehen und uns um sie sorgen. So werden sie eines Tages kein Feind mehr sein, uns danken und sich dem Guten zuwenden. Das Böse wird zwar immer eine Rolle in der Menschheit spielen, doch dieser Vers motiviert mich dazu, mich nicht unterkriegen zu lassen.

Olity Cheru Batu


Jahreslosung 2021

Die Jahreslosung lädt uns ein, sie durch das Jahr hindurch immer wieder neu zu bedenken.

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.

(Lukas 6,36)

Zur Jahreslosung (II)

Betrachten wir doch jetzt einmal das unscheinbarste Wort der Jahreslosung: „wie“. Wissen wir eigentlich, was „wie“ bedeutet? Das Deutsche Wörterbuch nennt dreizehn Möglichkeiten zur Verwendung des Wortes „wie“.
„Was?“ riefen wir zurück, wenn wir einen Zuruf nicht richtig verstanden hatten. Die strenge Tante mischte sich ein und korrigierte: Das heißt nicht „was“, sondern „wie Bitte“. Widerspruch zwecklos, aber nicht überzeugt. Die Frage „was (hast du gesagt)“ ist doch nicht besser als die Aufforderung „wiederhole bitte“.

Eine der dreizehn Möglichkeiten, „wie“ zu gebrauchen, haben wir gerade gelernt, sie ist jedoch untauglich für das Verständnis der Jahreslosung.

Wenn „wie“ doch so vieldeutig und unbestimmt ist, könnten wir es doch lieber weglassen; aber schon beim Lesen ohne „wie“ merken wir: das geht gar nicht, die Teilsätze hätten ihre Verbindung verloren. Da trifft es sich, dass das Wort „wie“ (deutlicher noch als „sowie) die Bedeutung des gewöhnlichen „und“ haben kann. So bleibt der ganze Satz zwar verständlich, aber zwischen den Teilen fehlt die Spannung, die Würze. Vielleicht ist hier ein vergleichendes „wie“ gemeint, wie es in biblischen Texten reichlich verwendet wird. Das vergleichende „wie“ rückt zweiverschiedene Dinge, Personen, Eigenschaften u.a. näher aneinander und lässt zugleich offen, wie nahe sie sich dabei kommen; jedenfalls bleiben sie nebeneinander bestehen und werden nicht gleich wie ein Rechenergebnis (5-3=2).

Aber wollen wir wirklich die zugesagte Barmherzigkeit Gottesvergleichen mit unseren halbherzigen Versuchen, barmherzig ist. Und tatsächlich ist das kleine Wort „wie“ auch verwendbar im Sinne desbegründenden „weil“ oder „denn“. Folgen wir also der Jahreslosung weiter in das Jahr hinein in diesem Verständnis: Seid barmherzig, weil auch euer Vaterbarmherzig ist.

Ingo Schumacher (Februar 2021)


Zur Jahreslosung (I)

Als ich die neue Jahreslosung las, erinnerte ich mich, dass ich schon beider Vorbereitung einer Jungschar-Andacht vor 60 Jahren mit dem Wort „barmherzig“ meine Schwierigkeiten hatte: es kam in meinem Alltag und
in dem der Gruppe nicht vor. Unbefangen, wie man eben war, ersetzte ich das Wort barmherzig durch warmherzig. Darunter konnte jeder sich etwas vorstellen, mehr noch, jeder und jede spürt in unterschiedlicher Weise, was dieses Wort auslöst, verändert, möglich macht.

Damit uns die Jahreslosung alle und jeden Tag aufs Neue begleiten kann, schlage ich sie heute in einer Variante vor. Jesus ruft seinen vielen Zuhörern von nah und fern bei der von Lukas zusammengestellten Feldrede zu: Seid warmherzig, wie euer Vater warmherzig ist. (In dem entsprechenden Satz der Bergpredigt bei Matthäus hieße es dann: Selig sind die Warmherzigen, denn sie werden Warmherzigkeit erlangen.) Jeder kann sich immer wieder vornehmen, bei alltäglichen Begegnungen, Konflikten, Regelverstößen und Beurteilungen an die Angelegenheit warmherzig heranzugehen, das heißt nicht nach (kaltherzigen) Schema, Vorurteilen, eigener Interessenlage – um nur einige der üblichen und von Anderen auch erwarteten Verhaltensweisen zu nennen.

Das Unerwartete, die offene Hand statt der geballten Faust, der offene, statt der vermiedene Blick kann das gute Ergebnis bringen. Ja, es kann, muss aber nicht, ist kein Zaubertrick. Das sehen wir auch, wenn wir den zweiten Teil der Jahreslosung anschauen: … wie auch euer Vater (b)warmherzig ist.

Gott wird uns in der Bibel mit vielen Eigenschaften bezeugt, und manche seinen uns sogar im Widerspruch zu andern zu stehen. Wenn wir auf ihn vertrauen, dass er warmherzig ist, so bekennen wir ihn als den lebendigen Gott, der in und mit seiner Schöpfung wirkt. Aber nicht als einen Automaten (Geld rein, Ware raus), sondern als Gott in vielerlei Gestalt. Freuen wir uns also über ein Jahr mit diesem Leitspruch, freuen wir uns auf Begegnungen, bei denen wir etwas von seinem Anspruch spüren, überall und in der Gemeinde.

Seid warmherzig, wie auch euer Vater warmherzig ist.

Ingo Schumacher


Inspiriert hat mich Ingo Schumachers Wort der Besinnung:

Seid warmherzig! Dies ist überlebenswichtig in der Pandemiezeit – hier und weltweit! Gott schenkt uns die Empathie und das Mitgefühl über den eigenen Tellerrand zu sehen und macht uns neugierig auf die Mitmenschen. Gott öffnet unsere Augen und Hände, wohlwollend und warmherzig zu sehen und zu handeln. Das Ihr diese Gottesnähe in Kontakten erlebt und Ihr Euch in einsamen Stunden daran erinnert und den Weg aus der Einsamkeit findet,  das wünsche ich Ihnen und Euch von Herzen.

Gisela Egler-Köksal

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