Fokus Afrika – Film und Gespräch

Filmreihe: Fokus Afrika – Film und Gespräch

Rückblick auf die ersten drei Filme unserer Filmreihe

Wenn man nicht direkt nach Afrika reisen kann oder wenn man überhaupt keine Vorstellung von dem Leben und von den Geschehnissen in Afrika hat, was macht man? Es kommen doch so viele Afrikaner zu uns in das Ökumenische Zentrum Christuskirche. Sie erzählen ihre Geschichte, singen, beten, essen mit uns… Trotzdem haben wir wenig Vorstellung, wie bei ihnen zu Hause das tag-tägliche Leben aussieht. Die einfachste Methode ist, sich einen Afrika-Film, gemacht in Afrika, von afrikanischen Regisseuren, über Afrika anzusehen und anschließend miteinander in die Diskussion zu kommen. Das entspricht dem Motto der Personalkirchengemeinde Christus-Immanuel: einander kennenlernen – einander achten – miteinander leben. Zu diesem Zweck wurden an jedem ersten Mittwoch im Monat zwischen September 2006 und März 2007 Filme ausgewählt und ausgestrahlt. Folgende drei Filme wurden zum Beginn der Reihe gezeigt:

Hotel Ruanda (Regie: Terry George) ist die wahre Geschichte eines ganz gewöhnlichen Mannes, Paul Rusesabagina, der beispiellose Zivilcourage bewies und über 1200 Menschen vor dem sicheren Tod rettete. Vor 12 Jahren brach in Ruanda der Irrsinn aus: angestachelt durch lokale Radiosender fielen radikale Hutu über die „konkurrierende“ Volksgruppe der Tutsi her und töteten innerhalb weniger Monate über 800.000 Tutsi und sympathisierende Hutu. Aber Paul zeigte sich entschlossen, alles dafür zu tun, um seine Familie zu schützen. Er brachte den Mut auf, sich der Gewalt entgegen zu stellen. Unter Einsatz seines Lebens rettete der Hotelmanager aus Ruanda couragiert mehr als 1200 Flüchtlinge vor dem sicheren Tod. Die Welt schaute weg, aber Paul breitete seine Arme aus und bewies, dass auch ein Einzelner Großes bewirken kann.

Hotel Ruanda ist ein starker und mitreißender Film, der uns die brisante Thematik des Völkermords in Afrika nahe bringt. Jeder sollte sich den Film, schon um der politischen Bildung willen, anschauen .

Lumumba (Regie: Raoul Peck): Vom einfachen Postangestellten steigt er innerhalb kürzester Zeit zum ersten Premierminister seines Landes auf: Patrice Lumumba führt den Kongo im Juni 1960 in die Unabhängigkeit. Das afrikanische Land von der Größe Westeuropas war 1885 vom belgischen König Leopold II. zu seinem Privatbesitz erklärt worden. Zwei Jahrzehnte lang setzten Leopolds Gouverneure Geiselnahme, Vergewaltigung, Misshandlung und Mord ein, um den Bewohnern des Kongo die geforderten Quoten an Kautschuk und Elfenbein abzupressen. Belgische, britische und amerikanische Unternehmen investierten, um Bodenschätze fördern zu können, darunter Kupfer, Kobalt, Diamanten, Gold, Zinn, Mangan und Zink.

Einer, der das ändern will, ist der am 2. Juli 1925 geborene ehemalige Missionsschüler Patrice Lumumba: “Unser Ziel ist die Befreiung des Kongos … Wir wollen eine souveräne Regierung bilden, die Hand in Hand mit den Belgiern zusammenarbeitet.” Doch Belgien hält nichts von einer solchen Zusammenarbeit: Im Oktober 1959 werden Massendemonstrationen der Unabhängigkeitsbewegung in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa blutig unterdrückt. Lumumba wird – als Mitbegründer der ersten gesamtkongolesischen Partei, des Mouvement National Congolais (MNC) – für die Unruhen verantwortlich gemacht und zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, und dann im Juni 1960 doch Premierminister des gerade unabhängig gewordenen Kongo.

Kompromisslos setzt sich der unerfahrene junge Politiker für die Gleichberechtigung der Schwarzen in einem vereinten Kongo ein, aber die USA, Belgien und einflussreiche kongolesische Provinzführer haben anderes im Sinn. Nach nur zwei Monaten im Amt wird er am 5. September 1960 von Staatspräsident Kasavubu, abgesetzt, aber durch das Votum des Parlaments in seinem Amt bestätigt, und nach dem ersten Putsch Mobutus unter Hausarrest gestellt. Bei dem Versuch, sich nach Stanleyville zu begeben, wo seine Anhänger eine Regierung gebildet haben, wird er verhaftet, bis zum 17. Januar 1961 eingesperrt und dann exekutiert.

In seinem Spielfilm rekonstruiert Filmemacher Raoul Peck die dramatischen Ereignisse, die 1961 in der Ermordung Lumumbas gipfelten. Dass dieser Opfer eines machtpolitischen Komplotts wurde, ist inzwischen durch Fakten untermauert. Detailgetreu zeichnet Peck das Schicksal eines idealistischen Politikers nach, in dessen tragischem Scheitern sich beispielhaft der Aufbruch Afrikas in die politische Unabhängigkeit widerspiegelt.

Guelwaar (Regie: Ousmane Sembène): Pierre Henri Thioune Guelwaar ist tot. Er war ein respektierter und angesehener Mann. Die Trauergemeinde kommt zusammen, aber Guelwaars Leichnam ist verschwunden. Es gab eine Verwechslung und Guelwaar, der Katholik, ist bereits bestattet – jedoch nach muslimischem Ritus. Also wird die Polizei gerufen; der Abgeordnete und der Präfekt werden in die Verhandlungen um die Exhumierung und Herausgabe der Leiche eingeschaltet. Doch die muslimische Familie, die Guelwaar bestattet hat, will von einer Verwechslung nichts wissen. Alles sei mit rechten Dingen zugegangen. Eine Lösung ist nicht abzusehen. Der Imam, der Priester und die Ältesten können alleine die Spielregeln für ein friedliches Zusammenleben der Menschen nicht sichern. Und so beschließt die Trauergemeinde, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und bricht auf, die Überreste zurückzuholen, um ihn ‘richtig’ zu bestatten. Während sich die Auseinandersetzung immer bedrohlicher zuspitzt, wird in Rückblenden die Vorgeschichte aufgeblättert: Guelwaar ist keines natürlichen Todes gestorben, sondern er fiel einem Attentat zum Opfer. Immer wieder hat er die korrupten Behörden angeklagt, die Bevölkerung mit ihrer – vom Westen finanzierten – Nahrungsmittelhilfe im wahrsten Sinne des Wortes abzuspeisen.

Der Film analysiert die Entstehung und den Verlauf eines Konfliktes. Die Beteiligten halten wenig davon, die Ursachen aufzuklären. In den Dialogen zwischen Guelwaars Sohn Barthélémy und dem Polizist Gora werden die aktuellen Probleme Afrikas aufgegriffen: die Abwanderung der gut ausgebildeten Elite nach Westen; die Ignoranz der Herrschenden gegenüber den Interessen und Problemen der einfachen Bauern; die Korruption im großen Stile, aber auch jene kleineren Gefälligkeiten und Zuwendungen, die Loyalität sichern sollen; fehlendes Selbstvertrauen in die eigenen Kräfte und daraus resultierende Minderwertigkeitsgefühle.

Im Mittelpunkt des gesamten Programms standen sieben Spielfilme, die sich besonders an ein buntes Publikum richten, Vorurteilen entgegenwirken und eine differenzierte Sichtweise der afrikanischen Realität fördern möchten. Diese Filmreihe verspricht neue, ungewohnte und ungewöhnliche Seherfahrungen jenseits des Hollywood Mainstreams.

Kulani Gudina

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